Über Euphemismen und das Versagen des Wolfsmanagements

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Jetzt ist es also geschehen. Ein Wolf ist, dem Naturschutzgesetz konform, auf Anordnung des niedersächsischen Landesministeriums im Rahmen der Gefahrenabwehr durch einen Polizisten „letal entnommen“ worden.

Das Tier selber kann einem nur leidtun.

Interessanter ist die Frage, wie es eigentlich dazu kam. In der Pressekonferenz wurde deutlich gemacht, wie wichtig es sei, dass Wölfe nicht habituiert werden. Was, wenn man sich den Hype um die Wölfe, Wolfstourismus und Wolfspaparazzis inclusive betrachtet, schwerfällt.

Die heutige Presseerklärung war eine Bankrotterklärung des Managements.

Angefüttert sei der Kurti worden, mit Leberwurst oder so… so gesehen dürften dörfliche Komposthaufen vermutlich in Zukunft unter Strafe gestellt werden.
Oder wie der niedersächsische Minister so treffend bemerkte, sei es beim Zelten in Ländern mit Wölfen oder Bären üblich, sein Essen in die Bäume zu hängen. Picknick ade.
Natürlich nicht zu vergessen die „Schlachtabfälle“ der Jägerschaft, die Wölfen eine olfaktorische Verbindung zwischen Essen und Mensch beibringen.
Im Grunde genommen sind selbst Schafe, Rinder und Pferde hinter einem Zaun dann als Anfütterung zu sehen und als Magnete, die Wölfe wie magisch in die Nähe von menschlichen Ansiedlungen ziehen.
Aber lassen wir das.

Vergrämen hat man ihn wollen, mithilfe eines schwedischen Experten, extra eingeflogen, weil Schweden viel Erfahrung mit Wölfen hat. Verschwiegen wird aber, das Schweden mitnichten eine „Willkommen-Wolf-Politik“ hat, sondern eine Anzahl von landesweit 300 Exemplaren für ausreichend hält und diese Zahl durch reguläre Jagd auf Wölfe im Gleichgewicht hält. Zum Vergleich: In Schweden leben auf 1 qkm im Schnitt 22 Menschen, in Deutschland das 10fache. Und obwohl Schweden noch um 80.000 qkm mehr, in weiten Teilen sehr dünn besiedelte, Fläche verfügt, hält man diese Zahl für ausreichend. Also scheint sich die schwedische Kompetenz nur zum Vergrämen zu eignen, nicht zum Erfahrungsaustausch, und nicht mal das hat sie letztendlich geschafft.

http://www.lausitz-wolf.de/index.php?id=1447
http://www.nul-online.de/Archiv/Archiv/Schweden-eroeffnet-die-Jagd-auf-Woelfe,QUlEPTE2NDM4MTEmTUlEPTgyMDMw.html

Auch sonst überrascht der Mangel an Sachkenntnis nicht wirklich. Dass die Goldenstedter Wölfin sehr wohl korrekt geschützte Tiere gerissen hat, wurde dezent übergangen, Bezeichnungen wurden hektisch gesucht und der Sinn der Besenderung nicht wirklich erläutert.

Was einen allerdings wirklich erschüttert ist, dass man es in der ganzen Wolfsbegeisterung vergessen hat, ehrlich zu sein. Offen zu sagen, dass für das Wild-, Lauf-, Raub- und Rudeltier im Falle einer Verhaltensänderung unter tierschutzrelevanten Aspekten keine „Entnahme“ geben kann, sondern nur einen Gnadenschuss. Es sei denn, man hätte rechtzeitig durch die Schaffung einer artgerechten Auffangstation vorgesorgt. Wäre dies richtig kommuniziert worden, wäre jetzt so mancher Aufschrei in den sozialen Netzwerken vermieden worden.

Es ist Zeit, endlich ein bundesweites Kompetenzzentrum zum Thema Wolf zu schaffen, mit klaren Regeln, Vorgaben, Handlungsplänen. Artenschutz ist kein Thema für Förderalismus (Bildung auch nicht, aber das begreift ja auch keiner).

Und wir Jäger sollten uns gut überlegen, ob wir uns von vornherein jeglicher Einflussnahme enthalten wollen. Sei es, weil einige den Wolf nicht mögen, sei es, weil einige Angst davor haben, dass Wolfsschäden ersatzpflichtig werden könnten. Im Moment sind wir dabei, den Zug zu verpassen, anstatt dagegen zu steuern und ihn in die richtigen Bahnen zu lenken. Im Moment ist es richtig – Jäger sollten sich nicht dafür hergeben, hinter NABU und Co herzuräumen. Aber so wird uns das Thema völlig aus der Hand genommen, wir tun nichts dagegen und sind sogar zu besorgt, um ihn ins Jagdrecht aufzunehmen.

Aber wenn er doch in meinem Revier ist, muss ich mitreden können und dazu gehört er ins Jagdrecht, wie alle anderen Wildarten auch. Denn nur dann bin ich als Jäger in der Lage, meinen gesetzlichen Auftrag im Revier zu erfüllen und behalte die Rechte und Kompetenzen, die dazu nötig sind. Aber je länger wir und unsere Verbände keine klaren Kompetenzen einfordern, desto mehr geraten wir ins Abseits und in die Bedeutungslosigkeit. Irgendwann stehen wir vor der Situation, dass fremde Menschen in unseren Revieren pirschen und auf den Wolf jagen gehen! Bei den derzeitigen Vermehrungsraten und der Tendenz, die Nähe des Menschen und seiner Nutztiere zu suchen, wird irgendwann gar nichts anderes übrig bleiben.

Am Wolfsthema wird deutlich: Wir haben auf Verbandsebene politisch versagt. Man schafft es nicht, die Dummheiten der ideologisch geprägten und politisch grün verseuchten Wolfsflüsterer zu entkräften.

Bis es so kommt wie vorhergesagt.

Bis es wolfseitig zu regelmäßigen Übergriffen kommt und die öffentliche Meinung umschlägt.

Bis jedem Jagdpächter ein NABU Wolfsbeobachter zugeteilt wird, dessen Kosten dem Revier angelastet werden.

Vielleicht wird aber auch der nächste Schritt schon in grünen Ministerien geplant, die Entmündigung der Jäger in den eigenen Revieren, lizensierte Berufsjäger, angeheuert vom NABU, die die Regie im ideologischen Auftrag übernehmen und Schrittweise die Hoheit über die jagdliche Regulierung auch anderer Arten an sich reißen.

Scheibchen für Scheibchen zur Abschaffung der Jagd.

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Hubert Brandewiede

Von Verbandsversagen kann, zumindest in Niedersachsen, keine Rede sein. Die Wolfsbeauftragte des Landes, Fau Dr. Britta Habbe, ist seit Jahren beim LJN angestellt, und auch die regionalen Wolfberater sind in Abstimmung mit den örtlichen Jägerschaften bestellt worden. Die Strategie, die dahinter steht, bestätigt sich nun. In der Öffentlichkeit wird die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der politisch Verantwortlichen immer deutlicher. Die Notwendigkeit, den Wolf ins Jagdrecht zu übernehmen wird immer größer, aber auch die Einsicht bei den Verantwortlichen, das die Jäger tatsächlich diejenigen sind, die die notwendige Sachkompetenz haben. Das Ziel ist es, eine, auch für die Jäger akzeptable Jagdrechtregelung zu finden.

Katja L.

Ja den Kurti hat die Jägerschaft ja auch dahin gebracht wo er jetzt ist. Der Wenzel hat zwar entschieden, die vorarbeit haben aber ausschließlich die Jäger gebracht mit Hilfe von überaus bescheuerten Presseberichten. Was ihr wollt wissen viele schon lange, dass ihr keine Konkurrenz duldet auch

Ernst Kerber

Liebe Katja L., würden Sie mir bitte erklären, wie es die Jäger mit angeblichen Presseberichten geschafft haben, dem Wolf MT6 (Namen für Wildtiere finde ich abartig) die den Wölfen angeblich angeborene Scheu vor Menschen abzulernen? Wie es durch Presseberichte möglich war, dass MT6 eine Familie beim Spazieren gehen verfolgt und deren angeleinten Hund attackiert hat? Ganz ehrlich? Ich finde es ist auch für den unbedarftesten Beobachter dieser Situation klar, dass MT6 es ganz alleine geschafft, sich in diese nicht anders lösbare Situation zu manövrieren! In der Presse lese ich seit zig Jahren immer nur Lobeshymnen auf den Rückkehrer, dass es so toll ist, endlich wieder die scheuen und überaus harmlosen Wölfe in Deutschland zu haben. Es würde reichen, zu singen, rufen und in die Hände zu klatschen, um einen neugierigen Wolf zu vertreiben und dass sich der Wolf nur von altem, krankem und schwachem Wild ernährt usw. usw. . Sie haben recht, viele Presseartikel sind, um es mit Ihren Worten zu sagen – „überaus bescheuert“.

Mathias Lehmann

Liebe Katja L.
Schön, dass Du diese Seite gefunden und gelesen hast.
Schade, dass Du sie offensichtlich nicht verstanden hast oder verstehen wolltest.
Für uns sind wilde Tiere -wilde Tiere- und denen geben wir keinen Namen, bei Haustieren ist das anders.
Und kein Jäger hat den Wolf erlegt, sondern ein „namenloser Polizist“, warum wohl?
Und hier geht es nicht um „Konkurrenz“ sondern das völlige Fehlverhalten eines Tieres. Was wäre wohl mit einem Hund passiert, Hund, der sich so auffällig verhalten hätte?
Bitte lies doch noch einmal alle Artikel auf dieser Seite mit etwas Abstand und weniger Emotion.