Wilderei – Straftat oder Kavaliersdelikt?

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Die Antwort sollte jedem leicht fallen: Jagdwilderei ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die mit Freiheitsentzug bis zu 5 Jahren bestraft werden kann. Wilderei bleibt Wilderei, egal ob sie durch einen Jagdscheininhaber mit irregeleiteten Motiven oder einen Nichtjäger begangen wird. Sollte man über Straftaten im Bereich der Wilderei Kenntnis erhalten, insbesondere wenn diese durch Jäger begangen wurden, steht jeder von uns in der Pflicht, solche Individuen anzuzeigen und aus unseren Reihen auszuschließen. Es wäre es falsch verstandene Kameraderie zu schweigen.

Das Bild des Wilderers in unserem Raum wird oft romantisch verklärt. Sagenhafte Gestalten wie Girgl Jennerwein, die der Obrigkeit trotzten und jagen gingen, um ihre Lieben mit dem Fleisch zu versorgen, dass damals nur dem Adel zustand wurden ein Sinnbild für Freiheit und Gerechtigkeit. Er jagte illegal auf Gams, Hirsch und Reh und wurde kurzerhand deswegen auf dem Peißenberg südlich des Schliersees  hinterrücks erschossen. Trotz seiner kriminellen Handlungen wurde er zum Volksheld, den man in Liedern und Erzählungen feierte.

Diese Verklärung mag dazu beitragen, dass auch heute noch in Deutschland illegal gejagt wird. Vom Auto, Motorrad, Schneemobil, mit Pfeil und Bogen, Armbrust, Fallen und Schlingen. Auch Schusswaffen sind keine Seltenheit. Kriminalstatistiken gehen davon aus, dass mindestens 4-5 illegale Waffen auf eine Legalwaffe kommen.
„Die Wilderer heute schießen mit schallgedämpften Kleinkalibergewehren oder nicht zugelassenen Erbstücken. Und natürlich muss es schnell gehen. Wenn sie nicht richtig treffen, haben die Hobbywilderer keine Zeit, dem Wild nachzustellen. Das Tier schleppt sich waidwund weiter, stirbt einen qualvollen Tod.“
Ludwig Waldinger, Landeskriminalamt München

Nicht nur streng geschützte Arten wie Luchse oder Wölfe werden gewildert, alle Tierarten sind davon betroffen.

JagdwildereiPNG2014 dokumentierte eine Wildkamera im bayrischen Wald einen Mann mit Armbrust, der um eine Wildschweinsuhle herumschlich, bekleidet mit Gesichtsmaske und Camouflage-Outfit. In Nordhessen fand man ein Reh mit einem Pfeil. Beide Waffen sind nach BJG verboten
.Auch Schleswig-Holstein beklagt steigende Zahlen. Zunehmend reagiere Wild scheu auf Autos. Funde untermauern den Wildereiverdacht: „Drahtschlingen, leere Kleinkaliberhülsen, ein abgetrenntes Rehhaupt oder auch ein geschossener Dammhirsch, der in Osterby in einer Wasserkuhle lag“

http://www.shz.de/schleswig-holstein/meldungen/mehr-wilderei-in-sh-jaeger-in-sorge-id8657171.html

Motivation ist heute nicht mehr der Hunger, Fleischdiebstahl vorbei an Veterinärkontrollen und Steuer ist auch den Abnehmern zu heikel geworden. Den meisten Wilderern geht es um Nervenkitzel und Trophäen.

Als Hochburgen der Wilderei gelten Bayern und die Alpenregionen. Auch dort wird illegale Jagd immer noch als Volkssport und Recht des kleinen Mannes betrachtet.

Die Schiffers sprechen gerne von „sie“, wenn sie von denen erzählen, die ihnen die Jagd verbieten. Ein enges Gefängnis sind ihnen die Alpentäler. Erst war es der Adel, der den Menschen die Berge nahm und die Tiere. Heute ist es das Kapital. Für eine Jagd in den Hochalpen zahlen Unternehmer aus Bern und Zahnärzte aus München Jahrespachten im fünfstelligen Bereich. Sie engagieren Jagdaufseher und Jagdheger. Vielerorts drängeln sich die Einheimischen in billigen „Gemeinschaftsjagden“, verhältnismäßig kleine Waldabschnitte, in den sich die Dörfler gegenseitig auf die Füße treten. „Ich habe gewildert“, beichtete Romans Vater dem Dorfpfarrer, als er 13 war. Damals hatte die Familie das Fleisch gebraucht, nicht die Trophäe. „Es ist gut,“, sagte der Pfarrer. „Das Wild gehört uns allen.“ Der katholische Segen begleitet seither die tiefgläubigen Schiffer, in deren Haus fast so viele Kruzifixe hängen wie Geweihe.“

aus
http://www.wolfgang-bauer.info/pages/reportagen/wilderer/wilderer.html

Internethandel

Absatzmärkte für illegal gefangene Tiere jagdbarer (nur dann ist es Wilderei) und nicht jagdbarer Arten vom Buchfink bis zu Elfenbein finden sich im Internet. Im Frühjahr 2014 hat der IFAW (International Fund of Animal Welfare) eine internationale Untersuchung zum Online-Handel mit geschützten Tieren durchgeführt. Es wurden auf den untersuchten öffentlich zugänglichen Internet-Seiten innerhalb von sechs Wochen 9.482 Verkaufsanzeigen mit insgesamt 33.006 gefährdeten Wildtieren beziehungsweise Teilen und Produkten daraus gefunden. Der geschätzte Wert lag bei mindestens 7,8 Millionen Euro. In 54 Prozent der Anzeigen wurden lebende Tiere angeboten, in 46 Prozent der Anzeigen wurden Wildtierteile und -produkte angeboten. Alle gefundenen Arten sind beim Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) in Anhang I oder II gelistet, d.h.Tiere oder Produkte von diesen Arten dürfen also nicht oder nur mit behördlicher Genehmigung gehandelt werden. Auch deutsche Websites sind davon betroffen.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/bedrohte-tierarten-handel-im-internet-boomt-a-1004813.html
https://correctiv.org/recherchen/tierdiebe/artikel/2015/08/03/welche-dimensionen-hat-der-illegale-tierhandel-deutschland/

Wilderei in Afrika

„Nashorn wird leider in Ländern wie Vietnam oder China derzeit sehr nachgefragt, sogar mehr als Elfenbein. Gramm für Gramm hat es den Straßenpreis von Heroin.“ (Robert Muir, Chef des Afrika-Büros der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt im Serengeti-Nationalpark in Tansania)

Aber auch in Afrika gilt: Gewildert wird alles.

Während die legal verkauften Abschüsse im Rahmen eines Wildtiermanagementplanes erfolgen, bei dem Faktoren wie Altersstruktur, Gesamtzahl, Geschlechterverhältnis, Gefährdung von Menschen, Ernte und Besitz einfliessen, erfolgt die Wilderei blindlings, durch Gift und Maschinengewehre. Der Kadaver vergammelt, lediglich die benötigten Teile werden abgetrennt. Staatliche Rangertruppen, oft durch die Gelder aus Jagd und Fotosafaris finanziert, sehen sich paramilitärischen Einheiten gegenüber, denen auch Menschenleben als Kollateraschaden gelten.

Wenn man die Großwildjagd in Afrika verbieten würde, wäre die Zukunft der Tierwelt und die Finanzierung der Parks und ihrer Ranger deutlich fraglicher. Zwar gibt es keine gesicherten Zahlen zur sozio-ökonomischen Bedeutung der legalen Jagd, aber gerade der Hwange National Park, aus dem der vielzitierte Löwe Cecil  stammte, wird hauptsächlich durch die Trophäenjagd im übrigen Zimbabwe finanziert. Ohne diese Gelder verlieren Einheimische ihre Arbeit Wird sie ausgesetzt,verarmen, wenden sich aus Angst ihre Familien nicht mehr versorgen zu können aus ökonomischen Zwängen gegen die Tierwelt. Bei den Wilderern lockt schnelles Geld, mafiaähnliche Strukturen, gute Ausrüstung.

Zwar bringen Fotosafaris wesentlich mehr zahlende Touristen ins Land, die aber wesentlich weniger Devisen einbringen und zudem auf wenige  touristische „Hotspots“ abzielen. Die meisten Gegenden, in denen die profitable Großwildjagd stattfindet, sind für Fototouristen uninteressant.

http://alert-conservation.org/issues-research-highlights/2015/8/10/nineteen-rangers-murdered-trying-to-save-forest-elephants

http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/zimbabwe/10390634/Poachers-kill-300-Zimbabwe-elephants-with-cyanide.html
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/wilderei-und-naturschutz-in-afrika-interview-robert-muir-a-1025929.html

http://www.deutschlandfunk.de/krieg-im-busch-afrikas-kampf-gegen-wilderei.724.de.html?dram:article_id=276878

Fazit: Wilderei ist ein weltweites Problem, dem mit Entschiedenheit entgegengetreten werden muss. Auch in Deutschland sollten Sondereinheiten begründet werden, die nach dem Vorbild von Ländern wie USA auf solche Straftaten spezialisiert sind. Wie man am Beispiel der gewilderten Luchse und Wölfe sieht, sind unsere lokalen Strafverfolgungsbehörden damit überfordert.

 Bildrechte: Ina Carina Janine Greiner-kaiser, Dieter Bertram
Quellen :Statista 2015

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