Jagd und Kulturlandschaft

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Egal ob von Veganerseiten, Wolfsbefürwortern oder Jagdgegnern – ein Lieblingsargument vieler Gruppierungen ist: „ Würden Menschen sich nicht in die Natur einmischen, ginge es der Natur viel besser“ oder „Natur reguliert sich von alleine“.

Wären wir in den Weiten Sibiriens, Kanadas, der Anden oder in den letzten noch existierenden Urwäldern mag das – noch- annähernd stimmen. Als Argument gegen die Zerstörung von weitgehend unerforschten, für den Erhalt des Lebensraum Erde notwendigen Gebieten, wie den Regenwald, erst recht.

Nachdem die Menschen in der Alt- und Mittelsteinzeit als Jäger und Sammler überlebten, begann mit der neolithischen Revolution der Übergang zu einer sesshaften Gesellschaft, die Ackerbau und Viehzucht betrieb, die Jagd aber als integralen Bestandteil der Überlebenssicherung beibehielt. Weltweit ausgehend von 3 Zentren in Mittelamerika und Südchina war für Europa der fruchtbare Halbmond im Nahen Osten (ca. 11000 v Chr.) das Ursprungsgebiet für diesen Wandel. Hier besiedelt und kultiviert der Mensch seit ca. 5500 Jahren unsere Landschaft und damit das Ökosystem.

Betrachtet man Ökosysteme, die vom Menschen weitgehend unbeeinflusst sind, stellt sich in diesen tatsächlich ein Gleichgewicht ein. Wildtiere vermehren sich bis zu einer bestimmten Dichte, die von den äußeren Gegebenheiten dieses Lebensraumes abhängen. Beim Erreichen dieser Grenze (Carrying Capacity) stagniert der Populationszuwachs.

Parameter dieses Gleichgewichtes sind die Vermehrungsrate, Zuwanderung aus anderen Populationen (notwendig zur Erhaltung der genetischen Vielfalt), natürliche Sterblichkeit, Prädation durch Beutegreifer, Nahrungsangebot und Abwanderung.

Ein Eingriff durch Jagd schadet solchen Ökosystemen nicht, ist aber auch nicht zwingend erforderlich.

Wir leben jedoch nicht mehr in einem solchen System. Wir formen in Europa eben seit ca. 5500 Jahren eine Kulturlandschaft, durch Siedlungs- und Stadtbau, durch Beweidung, Ackerbau und Viehzucht und letztendlich auch durch Jagd. Sie besteht nicht mehr aus natürlich gewachsenen, großräumigen, den äußeren Gegebenheiten wie Bächen oder Hügeln folgenden Bestandteilen, sondern ist kleinparzelliert durch Siedlungsbereiche, Straßen und Bahntrassen, landwirtschaftliche Nutzflächen, Wälder, Parks und Gärten.

Die begrenzenden Faktoren für die Kapazität dieser Landschaft sind nicht mehr durch primär durch natürliche Gegebenheiten definiert, sondern werden von den Ansprüchen unserer Gesellschaft diktiert. Sei es, dass durch Zunahme der Maisanbauflächen zur Biomassengewinnung bisher nie dagewesene Futtermengen generiert werden, so dass manche Wildarten wie Schwarzwild ihre Zahl und ihr Verbreitungsgebiet erhöhen können, während andere durch den Einsatz von diversen landwirtschaftlichen Dünge- und Spritzmitteln die Verlierer sind. Sei es, dass der Wirtschaftswald, der ja schon lange kein Urwald mehr ist, zunehmend durch Erholungssuchende, Sportler, Wanderer und Gassigeher und andere Nutzung fast zu jeder Tageszeit eine zunehmende Beunruhigung erfährt.

Nachhaltige Bejagung ist ein wichtiges Instrument, um unsere Kulturlandschaft und die Ansprüche der Gesellschaft daran zu gestalten und weiterzuentwickeln. Sie dient der Arterhaltung und Regulierung, die wegen der „unnatürlichen“ Bedingungen anders nicht mehr im Gleichgewicht zu halten ist. Ohne Jagd hätten Arten, die mehr Natur benötigen zum Überleben, Arten die bestimmte Lebensräume benötigen, Arten, die keine Störungen vertragen, keine Chance mehr gegen Arten, die Kulturfolger sind, die sich anpassen können und die die Profiteure dieser Umweltveränderungen sind.

Deutschland gehört heute zu den wenigen Staaten mit dem 5-6fachen der Weltbevölkerungsdichte, gemessen am Lebensraum, mit durchschnittlich 226 Menschen pro km², in Europa leben nur im United Kingdom mehr Menschen.

Wer also meint, durch Nichtbewirtschaftung, sei es jagdlich, forstlich oder landwirtschaftlich, der Natur mehr Raum zu geben, irrt. Die Folge wird nicht mehr „Natur“ sein, sondern eine verwilderte Kulturlandschaft, in der sich invasive Arten ausbreiten werden und in der Biodiversität keine Unterstützung erfahren wird.

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Titelbild:Chrom/pixelio.de

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