Die Rückkehr des stillen Jägers

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Die Zahl der Jäger steigt in Deutschland permanent an. Eine gute und positive Entwicklung in jeder Hinsicht. Der Jäger, mit dem wir uns hier befassen wollen, ist allerdings nicht von der Gattung Homo sapiens sondern ein anderer.

Der Heimkehrer in die Landschaften Deutschlands: Lynx lynx, der Luchs.

Lynx lynx der eurasische Luchs, Europas größte Wildkatze

Der Luchs hat eine Körperlänge zwischen 80 und 120 Zentimetern und einer Schulterhöhe von 50 bis 70 Zentimetern. Die Vorderbeine sind um 20 Prozent kürzer als die Hinterbeine. Die Pranken sind groß und verhindern im Winter, dass der Luchs tief im Schnee einsinkt. Die Spuren seiner Pranken sind mit einer Breite von fünf bis sieben Zentimetern für die Vorderpranke und vier bis sechs Zentimetern für die Hinterpranke etwa dreimal so groß wie die einer gewöhnlichen Hauskatze. Anders als bei Fuchs oder Hund fehlen bei Luchsfährten meistens Krallenabdrücke, da die Krallen während des Laufens in die Hauttaschen in den Pranken zurückgezogen werden. Der männliche Luchs, auch Kuder genannt, wiegt durchschnittlich 20 bis 25 kg, weibliche Luchse wiegen im Schnitt 15 Prozent weniger als männliche Luchse.

Der stille Jäger mit den Pinselohren ist wieder da

Seit den 1950 wandert der Luchs in alte Luchsreviere in Deutschland wieder ein, oder er wird in vielen Fällen gezielt ausgewildert im Rahmen großer Naturschutzprojekte, unter anderem mit der Unterstützung der Jägerschaft.

Heute können wir von gesicherten Luchs-Vorkommen im Harz, Fichtelgebirge, dem Spessart, der Sächsischen Schweiz, in Nordhessen, Pfälzer Wald, im Arnsberger Wald, der Eifel, dem Odenwald, sowie im Thüringer Wald und im Bayrischen Wald ausgehen. Diese Habitate hat sich der Luchs als Lebensraum zurückgeholt, mit und ohne menschliche Hilfe.

Erforschung der Ökologie von Luchs und Reh

Über vier Jahre, von Anfang 2009 bis Ende 2012, untersuchte ein Forscherteam grenzüberschreitend die Ökologie der Luchs- und Rehpopulationen sowie die Räuber-Beute-Dynamik der beiden Arten im Naturraum Bayerischer Wald/Böhmerwald. Im Mai 2013 wurden auf einer Fachtagung im Waldgeschichtlichen Museum St. Oswald die folgenden wichtigsten Ergebnisse des mit INTERREG-Geldern der Europäischen Kommission geförderten Projektes vorgestellt:

Durch Fotofallen-Monitoring in den benachbarten Nationalparken Bayerischer Wald und Šumava konnten im Untersuchungszeitraum zwischen 16 und 19 erwachsene Luchse mit dazugehörigen Jungtieren nachgewiesen werden. Darüber hinaus wurden mittels Satellitentelemetrie die Streif-

gebietsgrößen von 10 besenderten Luchsen bestimmt. Dabei zeigte sich, dass die Streifgebiete von Männchen mit durchschnittlich rund 430 Quadratkilometern deutlich größer sind, als die der Weibchen mit durchschnittlich rund 120 Quadratkilometern.

Eine Kartierung von potenziell geeigneten Luchshabitaten auf Basis der Lebensraumnutzung der besenderten Luchse ergab, dass im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Österreich eine Population von etwa 100 territorialen Luchsen leben kann, die Hälfte davon im Böhmerwald. Eine Analyse der tatsächlichen Verbreitung der Tiere in Ostbayern zeigte jedoch, dass weite Gebiete, die als Luchslebensraum geeignet sind, aktuell nicht vom Luchs besiedelt werden.

Rehe erwiesen sich als mit das wichtigste Beutetier der Luchse. Sie stellten 79 % der nachgewiesenen Risse. Weitere 17 % waren Rothirsche, während Füchse, Hasen und Wildschweine zusammen einen Anteil von nur 4 % stellten. Im Sommer fressen Luchse auch viele Kleinsäuger. Keiner der besenderten Luchse erbeutete jedoch ein Haustier.

Das Beuteverhalten der Luchse ist erwartungsgemäß ein entscheidender Faktor für die Sterblichkeit der Rehe im Nationalpark. Ihre Lebenserwartung ist seit der Rückkehr der Luchse deutlich gesunken. Aktuell wird etwa die Hälfte vom Luchs gerissen, ein Viertel wird vom Menschen erlegt (dies bezieht sich auf Rehe, die das Nationalparkgebiet verlassen und daher bejagt werden) und jedes zehnte Reh fällt dem Straßenverkehr zum Opfer. Bei den restlichen Tieren konnte die Todesursache nicht mehr bestimmt werden. Da beim Reh natürliche Mortalitätsfaktoren mittlerweile überwiegen und der Verbiss junger Bäume sehr niedrig ist, wurde die Bejagung des Rehs 2012 im gesamten Nationalpark eingestellt.

Ein Ziel des Projektes war es auch, die Akzeptanz von Luchsen in der Bevölkerung zu untersuchen. Umfrageergebnisse zeigten hier, dass etwa 90 % der Urlauber und 70 % der Einheimischen den Luchs sympathisch finden. Dennoch ist etwa ein Drittel der Einheimischen der Meinung, dass Luchse Schäden verursachen und gefährlich sind. Trotz hoher Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung kann der Luchsbestand im Untersuchungsgebiet aufgrund der geringen Anzahl der Tiere nicht als gesichert angesehen werden. Insbesondere illegale Tötungen, von denen einige in den letzten Jahren bekannt, jedoch bislang nicht aufgeklärt wurden, stellen eine große Gefahr für den Fortbestand der Population dar.

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Mit selbstauslösenden Wildkameras können Tiere in freier Wildbahn dokumentiert werden. Seit 2008 gibt es im Nationalpark Bayerischer Wald ein Fotofallen-Monitoring, um die Anzahl der Luchse im Gebiet zu schätzen. Seit 2009 findet das Fotofallen-Monitoring auf einer Fläche von ca. 800km² in den Nationalparken Bayerischer Wald und Šumava statt, denn auch Luchse machen nicht an der Grenze halt.

An 67 Standorten wurden 112 Kameras aufgestellt. Um die Identifikation der Tiere zu gewährleisten werden an jedem Standort zwei gegenüber aufgestellte Kameras eingesetzt, um beide Seiten der Tiere zu fotografieren.

Im Untersuchungszeitraum konnten an 64,2 % der ausgewählten Standorte Luchse fotografiert werden. Insgesamt waren es 16 selbstständige Luchse. Darunter befanden sich 7 Weibchen und 8 Männchen, bei einem Tier war das Geschlecht unbekannt, mit insgesamt 9 Jungtieren. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Anzahl der beobachteten Tiere kaum verändert. Nur in der Saison 2011/2012 wurden mit 18 Tieren zwei Luchse mehr erfasst.

Luchse halten sich nicht an die Grenzen des Untersuchungsgebiets und wandern oft weit über die Nationalparke hinaus. Ohne Berücksichtigung dieses Verhaltens würde die Populationsdichte der Tiere überschätzt werden. Dies wird bei der Dichteberechnung mit der ½ MMDM Methode (Mean Maximum Distance Moved) berücksichtigt: Dafür wird ein Puffer um das Untersuchungsgebiet gelegt, dessen Radius der Hälfte des Mittelwerts der zurückgelegten Strecke eines Luchses

entspricht. Dazu wird für jedes Individuum die Entfernung der zwei am weitesten entfernten Fotofallenstandorte bestimmt und anschließend der Mittelwert für alle Individuen berechnet. Als Resultat ergab sich ein Pufferradius von 4,925 km, woraus eine Referenzgebietsfläche von 1478 km² hergeleitet werden konnte. Unter der Berücksichtigung der selbstständigen Luchse ergibt sich daraus eine tatsächliche Dichte von 1,08 Luchsen/ 10000 ha.

Konkurrent oder Jagdkollege?

Ist der Luchs nun ein Konkurrent der Jäger – einer, der uns die Beute streitig macht? Ja oder Nein? Diese Frage, die so viele Jäger beschäftigt, gilt es zu klären.

Das Beutespektrum des Luchses umfasst alle in seinem Lebensraum vorkommenden klein- und mittelgroßen Säugetiere und Vögel. Von der Maus bis zum jungen Wildschwein, ja selbst Fische stehen auf seiner Speisekarte. Die bevorzugte Beute des Luchses ist und bleibt allerdings das Reh, was bis zu 80 % seiner Nahrung ausmacht.

Ein Luchs erbeutet pro Woche etwa 2,5 Hasen oder ein Huftier – das macht übers Jahr 52 bis 56 Rehe oder junges Rotwild (Faustformel). Die Reviergröße des Luchses liegt im Durchschnitt bei 250 Quadratkilometer (25.000 ha), natürlich abhängig von den topografischen Verhältnissen und der Besiedlung des Revieres durch den Menschen, dabei ist die Überlappung der männlichen Luchsreviere mit denen der weiblichen Luchse zu berücksichtigen. Das würde bedeuten, dass auf einer Fläche von 250 Quadratkilometern jährlich ca. 84 Rehe dem Luchs zur Beute werden. Bei einer durchschnittlichen Größe eines deutschen Jagdrevieres von ca. 300 ha entspricht ein Luchsrevier ca. 83 Jagdrevieren.

Dem zufolge wird im Durchschnitt 1! Reh pro Jahr in einem Jagdrevier im Luchsgebiet gerissen. Der Fallwildanteil durch den Straßenverkehr ist meist bedeutend höher.

Durch die Anwesenheit des Luchses könnte sich allerdings das Verhalten der potenziellen Beutetiere ändern. Sie stehen unter einem höheren Stress, dies wiederum führt zur einer geringeren Produktionsrate.

Die Bestände nehmen ab und das Wild wird heimlicher, so die eine These.

Es ist äußerst fraglich, ob der Luchs den Rehwildbestand wirklich nachhaltig senken kann. Vielmehr wird der Rehwildbestand vor allem über die Beschaffenheit des Lebensraumes reguliert. Der Luchs kann dabei höchstens das Verhalten und die regionale Verteilung des Rehwildes beeinflussen, so dass man ihn nicht als direkten Konkurrenten um die Beute betrachten sollte.

Ein besonderer Dank für die Bereitstellung der Daten und die gute Zusammenarbeit gilt dem Nationalpark Bayrischer Wald

 

Für Jagd in Deutschland
Foto © Adrian Höber

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