Wir möchten an dieser Stelle eine offene Pro & Contra Diskussion anregen. Festzuhalten bleibt, dass viele Dinge, darunter auch (jagdliche) Hilfsmittel missbräuchlich verwandt werden können. Dagegen sollte das Selbstverständnis der Jagd und die eigene Jagdethik stehen.
Die Jagd ist im Wandel. Das ist nichts Neues.
Seit Tausenden von Jahren perfektionieren die Menschen ihre Jagdtechnik, ihre Ausrüstung und ihre Methoden. Aus Faustkeilen und Speeren wurden Saufeder und Bogen. Aus dem Vorderladergewehr entstanden unsere modernen Jagdbüchsen. Die Zeit bleibt nicht stehen, im Gegenteil, sie rennt dahin. Alles wird effizienter und vieles wird einfacher.
Diese Entwicklung macht auch vor uns Jägern nicht Halt. Die Technik entwickelt sich weiter, die Reviere werden kleiner und gleichzeitig intensiver für die verschiedensten Freizeitaktivitäten genutzt. Untertags hat das Wild in den seltensten Fällen den Wald für sich allein.
Auch die Landwirtschaft hat sich verändert. Waren früher die Felder klein und mit den unterschiedlichsten Ackerpflanzen bestellt, dominieren heute vielerorts Maisfelder von mehreren Hektar Größe die Landschaft. All das hat natürlich großen Einfluss auf die Art, wie wir jagen.
In vielen Regionen Deutschlands sind die Schwarzwildbestände in den letzten Jahren förmlich explodiert. Alleine in Bayern wurden im Jagdjahr 2013/14 über 68.500 Stück Schwarzwild erlegt, so viel wie noch nie zuvor. Und es ist davon auszugehen, dass das noch nicht das Ende dieser Entwicklung darstellt.
Die Ursachen sind vielfältig. Häufige Mastjahre, milde Winter und die Verfügbarkeit von Äsung im Übermaß auf riesigen Maisschlägen, welche gleichzeitig noch Deckung und Rückzugsmöglichkeiten bieten sind nur einige wenige Gründe für die ständig steigende Schwarzwildpopulation.
Für die betroffenen Jagdpächter ist es sehr schwer, mit diesen rasanten Entwicklungen Schritt zu halten. Da es untertags in vielen Revieren kaum noch Ruhe findet, hat das Schwarzwild seine Aktivität in die Nachtstunden verlegt.
Das macht eine effektive Bejagung nicht einfacher. Dabei braucht es gerade an gefährdeten Stellen, wie beispielsweise Maisfeldern am Waldrand oder Wiesen, die von Wald umgeben sind, eine scharfe Bejagung mit hohem Jagddruck, um die Schwarzkittel von diesen Flächen fernzuhalten.
Zwar ist mit lichtstarken Ferngläsern und Zielfernrohren eine Bejagung auch bei schlechten Lichtverhältnissen bis weit in die Dämmerung hinein möglich, aber bei stärkerer Bewölkung und ohne geschlossene Schneedecke ist auch das beste Fernglas nur nutzloser Ballast. Selbst falls es unter diesen Umständen noch möglich sein sollte, zu erkennen, dass es sich um Wildschweine handelt, ist ein genaues Ansprechen meist unmöglich und einen Schuss auf ein unbekanntes Ziel verbietet nicht nur das Jagdgesetz, sondern auch der gesunde Menschenverstand. Zudem hat das anpassungsfähige und intelligente Schwarzwild vielerorts bereits gelernt, offene Flächen in hellen Nächten, wie beispielsweise bei Vollmond und klarem Himmel, zu meiden.
Eine Lösung für dieses Problem bieten Nachtsichtgeräte. Die Nachtsichttechnik ist bereits seit über 70 Jahren bekannt und da die Geräte im Laufe der Jahrzehnte immer kleiner, leistungsfähiger und günstiger geworden sind, stellen diese nun auch für den Normalverbraucher eine gute Möglichkeit dar, Schwarzwild bei sehr schlechten Lichtverhältnissen sicher und zweifelsfrei zu erkennen und anzusprechen. Viele Jäger besitzen ein solches Gerät und setzen es seit längerer Zeit erfolgreich bei der Beobachtung von Schwarzwild ein. Beim anschließenden Blick durchs Zielfernrohr ist dieser Vorteil allerdings schnell wieder dahin.
Zu groß ist die Gefahr, dass sich doch noch Frischlinge zu dem scheinbar einzeln stehenden Stück gesellt haben. Zu hoch das Risiko dass die Leitbache noch schnell den anvisierten Überläufer weggestoßen hat und nun an seiner Stelle steht. Fehlabschüsse sind so leider nicht auszuschließen.
Dabei gäbe es durchaus die Möglichkeit solche Situationen zu vermeiden.
Schon länger werden für Auslandsjagden einfache Adapter verkauft, mit deren Hilfe ein herkömmliches Nachtsichtgerät mit dem Zielfernrohr verbunden werden kann. Diese Systeme haben den großen Vorteil einer Beobachtung bis zum Moment der Schussabgabe. Leider haben sie auch einen gravierenden Nachteil.
Verbindet man ein Nachtsichtgerät mit einer Zieloptik entsteht ein sogenanntes Nachtzielgerät und somit ein verbotener Gegenstand nach dem Waffengesetz.
Der Bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner hat nun angekündigt die Benutzung von Nachtzielgeräten zur Jagd auf Schwarzwild zu erlauben. Dieser Schritt ist seit längerem notwendig und wird in den betroffenen Revieren sehr gut aufgenommen.
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen, allen voran der Bayerische Jagdverband. Die Gegner der Nachtsichttechnik befürchten unter anderem, dass damit auch Reh- und Rotwild erlegt wird, das Wild noch heimlicher wird und die Verwendung solcher moderner Hilfsmittel dem Ruf der Jagd ganz allgemein schadet.
Sind diese Ängste begründet? Nein!
In der Oberpfalz, meiner jagdlichen Heimat, gibt es Reviere für die es schwer geworden ist einen Pächter zu finden. Wildschäden von 3000€ bis 5000€ pro Jahr und Pächter sind keine Seltenheit, in manchen Fällen sind es über 10.000€ die an die Landwirte zu entrichten sind. Dieses finanzielle Risiko schreckt selbst den passioniertesten Waidmann ab.
Es liegt in der Natur der Sache, dass es sich hierbei großteils um Reviere mit hohem Feldanteil handelt. In solchen Revieren ist die Erfüllung des Abschussplans für Rehwild, anders als in reinen Waldrevieren, in der Regel nicht das große Problem. Den Rehabschuss erfüllt man in der Blattjagd oder bei gemütlichen Morgen- und Abendansitzen. Kein Jäger wird sich hier für ein Reh die Nacht um die Ohren schlagen. Auch der Schuss auf Rehwild beim Sauansitz verbietet sich von selbst, da so jedes Stück Schwarzwild in der näheren Umgebung zuverlässig vergrämt würde.
Auch die Befürchtung die Sauen würden noch heimlicher und kämen gar nicht mehr in Anblick kann ich nicht teilen. Ganz im Gegenteil. Wildschweine sind hochintelligent und lernen schnell die derart intensiv bejagten Flächen zu meiden. Natürlich muss dafür ein Ausgleich in Form von Gebieten mit weniger Jagddruck geschaffen werden, in die sich die Sauen zurückziehen können.
Dies ist schwerpunktmäßige Bejagung, genauso wie sie seitens des BJV schon seit längerem gefordert wird.
Das Totschlagargument dass der Ruf der Jagd durch den Einsatz von Nachtzielgeräten geschädigt wird will mir ebenfalls nicht Recht einleuchten.
Nach meiner Erfahrung haben die allermeisten Bürger überhaupt keine Ahnung wie und mit welcher Technik wir jagen. In der Regel werden Waldspaziergänger und Jogger eine Büchse nicht von einer Flinte unterscheiden können und es ist ihnen völlig egal ob wir mit Realtree-Tarndruck bekleidet einen Kunststoffschaft spazierentragen oder den Drilling über den Lodenmantel geschultert haben.
Unser Ansehen wird durch unser Handeln beeinflusst.
Jeder Jagdunfall, bei dem ein Pilzesucher oder, wie unlängst geschehen, ein Drogenjunkie mit einem Wildschwein verwechselt und verletzt oder gar getötet wird, ist einer zu viel und hat einen verheerenden Einfluss auf unser gutes Ansehen. Jedes angeschweißte Stück, das ohne Nachsuche im Unterholz verludert, ruiniert unseren Ruf und jeder Jäger, der droht, den unangeleinten Familienhund zu erschießen, zerstört unsere Reputation.
Es gibt nur einen Weg, den guten Ruf der Jagd in der breiten Öffentlichkeit zu erhalten und der führt über Aufklärung, Offenheit und ein einwandfreies waidmännisches Verhalten. Wir Jäger sind zu Recht Stolz auf unsere Werte und unsere Tradition, aber wie sagte schon Thomas Morus:
„Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme.“
Die Jagd ist im Wandel.
Bei der Einführung des Zielfernrohres gab es Befürchtungen die waidgerechte Jagd sei dem Untergang geweiht, und auch Hochsitze galten einmal als Hilfsmittel für Jäger die nicht Pirschen können.
Heute ist eine tierschutzgerechte und waidmännische Jagdausübung ohne diese Hilfsmittel nicht mehr vorstellbar. Genauso kann und muss auch mit Nachtzielgeräten verfahren werden.
Sie müssen als das betrachtet werden was sie sind, technische Hilfsmittel die uns die Jagd sicherer machen und erleichtern, die aber den gesunden Menschenverstand nicht ersetzen können.
Niemand wird gezwungen sie einzusetzen und es gibt genug Reviere in denen dies nicht notwendig und nicht sinnvoll ist, aber die Reife diese Entscheidung für sich alleine zu treffen sollte man den betroffenen Jägern zugestehen.
von Daniel Feuerer
Bilder: Zur Verfügung gestellt von Mitgliedern der FJD