Bleifrei oder nicht

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Keineswegs eine Frage der persönlichen Neigung, eher eine Frage der Wirkung.

Basisinformationen zur „Technischen Richtline Jagdgeschoss“ des BMEL:

Nach derzeitiger Gesetzeslage in Deutschland müssen Büchsenpatronen für die Jagd auf Rehwild und Seehund eine Energie von 1.000 Joule auf 100m Entfernung leisten. Für die Jagd auf übriges Schalenwild sind 2.000 Joule auf 100m Entfernung gefordert, zusätzlich darf der Geschossdurchmesser 6,5mm nicht unterschreiten. (BJagdG §19.2 a +b)

In einzelnen Bundesländern, darunter z.B. NRW ist diese Regelung für Frischlinge inzwischen gelockert worden, so dass auch mit „Rehwildkalibern“ Frischlinge geschossen werden dürfen. (LJG NRW §19 (1) 5.)

Bisher gibt es weder auf Bundes- noch auf Landesebene Regelungen über die Wirksamkeit einzelner Patronen.

Bei herkömmlicher, bleihaltiger Munition hat man zunächst nach Voll- und Teilmantel Geschossen differenziert. Für die Jagd wird fast ausschließlich Teilmantelmunition mit unterschiedlichem Aufbau verwendet. Die Geschosse verformen sich beim Auftreffen auf den Wildkörper und geben so Energie ab. Zum Teil sorgen sich ablösende Geschosssplitter für weitere mechanische Zerstörung im Wildkörper.

Bei den nun in verschiedenen Bundesländern geforderten bleifreien Geschossen gibt es nicht nur im Hinblick auf das verwendete Material (Kupfer, Messing, Zinn) erhebliche Unterschiede, auch die Geschossaufbauten sowie deren Wirkungsweise ist vollkommen unterschiedlich.

Amerikanische Geschosse, die zum Teil bereits seit mehr als 20 Jahren auf dem Markt sind, werden zum großen Teil aus Kupfer gepresst und verformen sich im Wildkörper, haben ein sehr hohes Restgewicht und sorgen so für einen sicheren Ausschuss.

Ein anderer Ansatz sind ebenfalls Massivgeschosse aus Kupfer oder Messing, die sich jedoch nicht verformen oder Splitter abgeben. Sie wirken ähnlich wie Teilmantelgeschosse mit Bleikern, jedoch erreichen sie aufgrund der geringeren Materialdichte und damit leichteren Geschosse aus der gleichen Waffe verschossen eine deutlich höhere Geschossgeschwindigkeit.

Die großen Munitionshersteller, wie z.B. die RUAG, haben den Markt für bleifreie Jagdmunition erst sehr spät für sich entdeckt und haben in eine ganz andere Richtung entwickelt. Statt vollkommen neuer Geschosskonstruktion wird hier versucht, den Bleikern von Verbundgeschossen durch ein anderes Material (z.B. Zinn) zu ersetzen. Die Wirkungsweise dieser Geschosse ähnelt denen klassischer bleihaltiger Munition, aber durch die unterschiedlichen Materialeigenschaften gibt es doch erhebliche Differenzen.

Eine Kennzeichnung, welche Jagdmunition nun auf welche Wildart und Entfernung sicher und tierschutzgerecht tötet, ist zunächst einmal ein guter Gedanke.

Allerdings ergeben sich in der Praxis einige Schwierigkeiten.

  • Die Messläufe z.B. in den Beschussämtern sind in der Regel länger als die Läufe an Jagdwaffen und die Toleranzen sind enger.
  • Die bisher auf den Munitionsschachteln aufgedruckten ballistischen Daten sind aus Jagdwaffen nicht zu erreichen.
  • Die Entfernungen auf der Jagd sind oft nur grob bekannt, selbst Messungen mit einem Laserentfernungsmesser sind nur eine Hilfe, da sich das Wild stets in Bewegung befindet.

Dennoch ist eine Kennzeichnungspflicht und Zertifizierung wie in der technischen Richtlinie Jagdgeschoss (TRJ) gefordert, abzulehnen.

Zunächst einmal ist zu klären wie mit bestehenden Munitionsbeständen zu verfahren ist. Insbesondere bei kombinierten Waffen (BBF, Drilling, Doppelbüchse) ist eine Umstellung der Munition sehr aufwendig, daher kaufen Jäger üblicherweise einen Vorrat für mehrere Jahre. Sollte diese Munition nicht mehr verwendet werden dürfen, käme dies einer Enteignung gleich.

Für die Munitionshersteller bedeutet eine Kennzeichnungspflicht zunächst einmal höhere Kosten, die an den Kunden weitergegeben werden. Da Deutschland ein relativ kleiner Markt ist, werden einige Hersteller diese Kosten sicherlich einsparen und das Angebot an gut wirkender Munition wird eingeschränkt.

Für viele alte Jagdwaffen ist das Angebot an Munition schon heute sehr eingeschränkt. Viele Jäger greifen daher auf gewerbliche Wiederlader zurück. Diese stellen Munition in Kleinserien (teilweise ab 100 Schuss) her. Eine aufwendige Zertifizierung ist hier einfach nicht wirtschaftlich.

Jäger, die selber einen Lehrgang und Prüfung nach§27 SpengG abgelegt haben, dürfen ihre Munition selber herstellen. Während Sportschützen aufgrund ihrer hohen Schusszahlen durch das Wiederladen Ihre Kosten senken können, ist die Ersparnis bei den deutlich niedrigeren Schusszahlen bei der Jagd durch die zusätzlichen Kosten für Lehrgang, Erlaubnis und Ausrüstung schnell aufgebraucht. Jäger die Ihre Munition selber herstellen, beschäftigen sich in der Regel intensiv mit Ballistik und der Wirkungsweise der verwendeten Geschosse. Wiedergeladene Munition ist zumeist deutlich präziser als Fabrikmunition und trägt somit zur schnellen und tierschutzgerechten Jagd bei.

Daher muss wiedergeladene Munition weiterhin auf der Jagd erlaubt bleiben, ohne die Selbstbestimmung der Jäger weiter einzuschränken.

 

Weiterführende Informationen:

„Technischen Richtline Jagdgeschoss“ des BMEL:

  • http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Wald-Jagd/BLE-Entwurf-TechnischeRichtlinie-Jagdgeschoss.html

 

Presseartikel & Stellungnahme des DJV zu der „Technischen Richtline Jagdgeschoss“:

  • http://www.jagdverband.de/content/entwurf-bundesjagdgesetz-novelle-liegt-vor
  • http://www.jagdverband.de/content/bundesjagdgesetz-novelle-betrifft-private-wiederlader-nicht

 

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